Wie der Bacalhau aus Island nach Portugal kommt und welcher Wein zum Leitão am besten schmeckt – eine Sommerreise nach Portugal
Mitte Juli verschlug es mich und meine Frau Evi mal wieder nach Portugal. Zu lang sollten die Abstände zwischen den Aufenthalten einfach nicht werden … ;)
Der erste Termin führte uns zu Pinhais nach Matosinhos, nördlich von Porto, wo Nuno Rocha, der neue Geschäftsführer gute Neuigkeiten zu verkünden hatte: Nachdem es zuvor hin und wieder Engpässe gegeben hatte, die einen gewissen Erfindungsreichtum forderten, arbeitet Pinhais in diesem Jahr wieder mit frischen Sardinen. Die Firma ist inzwischen viel besser organisiert und arbeitet nun – ebenso wie andere Profis, z.B. La Belle-Iloise in der Bretagne – mit Einkäufern, die die frischen Fische von der Algarve im Süden bis nach Galizien im Norden zu den allerbesten Konditionen einkaufen können.
Außerdem haben sie einige neue Projekte in der Pipeline: Sie arbeiten an den ersten “Jahrgangssardinen Made in Portugal” und an einem neuen Design für die Marke Pinhais, die bald auch in Papier und Cellophan eingeschlagen auf den Markt kommen werden.
Als nächstes stand eigentlich ein Lunch-Date mit Pedro Araujo von der Quinta do Ameal im Salta o Muro an, der jedoch nicht rechtzeitig zum Essen da sein konnte, so dass wir ohne ihn zu Mittag aßen. Seine Weine waren allerdings mit von der Partie: Zum Robalho (Seebarsch) tranken wir den Loureiro 2017 von der Quinta do Ameal, der uns sehr gut gefiel. Er ist noch frischer, schlanker und mineralischer als der 2016er. Eine Palette ist bereits unterwegs.
Später am Nachmittag trafen wir Pedro schließlich in der Fundação Serralves, einem modernen Museum mit einem herrlichen Garten. Hier konnten wir im Schatten auf der Terrasse sitzen, Geschäftliches besprechen und die Aussicht genießen.
Am Abend gingen wir zum Vinho Verde Wine Fest, einem der eigentlichen Gründe für die Reise. Unseren ersten Termin dort hatten wir mit Márcio Lopes, einem Rising Star der Vinho Verde-Szene, der auch beim “Vinho Verde-Papst” Anselmo Mendes gelernt und als Garage Winemaker die Marke Pequenos Rebentos (die kleine Samen) ins Leben gerufen hat. Er hatte uns bereits Proben nach Berlin geschickt und alles was wir probiert hatten, war gut. Mal sehen, ob wir etwas daraus machen.
Ansonsten war das Wine Fest nicht weiter interessant für uns und so ließen wir den Abend lieber in unserem Stammrestaurant O Gaveto in Matosinhos ausklingen ...
Am nächsten Tag machten wir uns von Porto auf in Richtung Lissabon. Unser erster Zwischenstopp führte uns in die Nähe von Aveiro zu Liporfir, einer kleinen Bacalhau-Verarbeitungsfabrik und ein reiner Familienbetrieb mit insgesamt 16 Mitarbeitern. Der Bacalhau, die heissgeliebte Nationalspeise der Portugiesen stammt übrigens in 99% der Fälle gar nicht aus heimischen Gewässern, sondern aus Island oder Norwegen. Liporfir importiert den Fisch aus Island, da der Fisch dort niemals eingefroren wird, der Fischfang dort sehr nachhaltig vonstatten geht und noch eine Familienangelegenheit ist: Meist sind die Boote mit 3 Generationen besetzt – Großvater, Vater und Sohn. Allen liegt das Meer am Herzen, sie respektieren das gewaltige Ökosystem, das sie und ihre Familien seit Jahrhunderten ernährt und die Fischerei fließt ihnen von Geburt an durch die Adern.
Und so wird aus Kabeljau der berühmte Bacalhau:
Nach dem Fang wird dem Fisch die Mittelgräte entfernt, er wird gesalzen und an der Luft getrocknet. Dann wird er in großen Boxen nach Portugal geschickt, wo er noch feucht ankommt. Dieser noch feuchte Trockenfisch wird nun von Liporfir (und Kollegen) in trockenen, sehr lang haltbaren Bacalhau verwandelt. Dazu wird er von Hand gewaschen und von Unreinheiten befreit, dann nach bestimmten Qualitätskriterien in verschiedene Stücke portioniert, anschließend nochmals mit feinem Salz aus Aveiro (ähnlich der Qualität von Fleur de Sel) gesalzen und schließlich zum Trocknen auf Rahmen aus Pinienholz in speziellen spezifisch dafür belüfteten Kammern gelagert. Das kann bis zu einem Monat dauern.
Um festzustellen, ob der Bacalhau fertig ist und den Qualitätsanforderungen der Marke entspricht, kommen mehrere Sinne werden fast alle Sinne benötigt:
- Der Tastsinn: durch Anfassen werden Konsistenz, Biegsamkeit und Bruchmoment geprüft,
- Sehen: mit den Augen wird die Farbe kontrolliert,
- Riechen: natürlich muss auch der Geruch stimmen.
Den Bacalhau in Dosen, den auch wir vertreiben, gibt es bei Liporfir noch gar nicht so lange – früher wurde er vorwiegend in Stücken auf dem heimischen Markt verkauft. Nun aber läuft das Geschäft mit den Dosen gut und neue Rezepturen sind bereits in Arbeit. Als Ergänzung der bereits existierenden Rezepturen – mit Kichererbsen, mit Schwarzaugenbohnen, Gegrillt mit Knoblauch – wird es wahrscheinlich bald einen Bacalahau mit Algen geben.
Der nächste Termin des Tages führte uns zu Luís Patrão von Vadio (= Vagabund), einem kleinen, aber sehr interessanten Projekt in der Region Bairrada, das von Luís Patrão und seiner Frau Eduarda betrieben wird und das wir bereits seit einigen Jahren beobachten.
Luís ist in Portugal bereits ziemlich berühmt, weil er lange Zeit als Winemaker bei Esporão im Alentejo tätig war, ehe er mit Vadio sein eigenes Projekt startete. Er ist außerdem bei Coelheiros im Alentejo angestellt, also wirklich sehr umtriebig.
Diese Festanstellung gibt ihm die nötige Sicherheit, um sich mit Zeit und Muße um Vadio zu kümmern, was er langsam und gewissenhaft tut. Von den momentan 4,5 Hektar Weinberg möchte er auf 10 anwachsen, denn das wäre die perfekte Größe für sein kleines Team.
Das Gute bei Vadio: Die Weine dürfen sehr lange im Keller reifen und werden erst sehr spät verkauft. So ist der aktuelle “kleine” Vadio Tinto z.B. Jahrgang 2015. Er schmeckt übrigens sehr, sehr gut. Die Rotweine von Vadio bestehen alle aus der Baga-Traube, die Weißen aus Bical und Cercial. Die Espumantes sind ebenfalls sehr interessant. Die Grundweine sind Soleras von mehr als 10 Jahrgängen, die vor der Degorgierung 18 bis 24 Monate auf der Hefe bleiben, was für eine große Komplexität sorgt. Luís führte uns in den sehr sauberen und hochmodernen Keller, wo wir die Roten 2016er probierten, die als nächstes in Flaschen abgefüllt werden. Sie sind mindestens genau so gut wie die 2015er.
Das anschließende Mittagessen – denn man kann schließlich nicht den ganzen Tag trinken ohne etwas im Bauch zu haben – bestand aus der portugiesischen Version des Spanferkels, dem “Leitão”. Dazu gab es weitere Weine von Luís: Zum Aperitif die beiden Espumantes. Besonders angetan hat es uns der Espumante Brut Rosé. Die Rotweine sind hervorragend, sowohl der Einstiegswein, als auch der “Grande Vadio”. Die Weißen sind ebenfalls sehr gut, jedoch könnte es schwierig sein, sie in Deutschland an den Mann oder die Frau zu bringen.
Wieder zurück in Lissabon spazierten wir nach dem Frühstück nach “Downtown” zur Conserveira de Lisboa um den Stand unserer Bestellung zu prüfen. Dann spielten wir die Touristen und spazierten einfach durch die Stadt, kauften bei der Loja das Conservas 3 Dosen Thunfisch der azorischen Firma Corretora, den wir vermutlich bald in unser Sortiment aufnehmen werden. Als Ergänzung zu Santa Catarina, denn sie machen alles, was Santa Catarina nicht macht: Thunfisch mit Tomate, mit pikanter Tomate und in pikantem Olivenöl.
Am Abend gingen wir wie geplant zur Vinho ao Vivo, wo wir uns mit unseren Berliner Freundinnen Anabela und Marion von Anabelas Kitchen verabredet hatten. Hier trafen wir auch Tiago Teles (Maria da Graça), Antonio Madeira, Álvaro Castro, Sergio Nuno von Quinta das Bageiras und Miguel Louro von der Quinta do Mouro. Alles in allem ist das Weinfest ein eher kleines Festival für Locals. Sehr nett mit toller Kulisse, aber Simplesmente Vinho lohnt sich für uns mehr.