Puxisardinophil in Portugal - Besuch bei Pinhais und Nuri in Matosinhos
Ja, wir sind Puxisardinophil! Als Puxisardinophile bezeichnet man die Liebhaber von Sardinendosen – ob gefüllt oder leer als Sammlerstück. Wobei ich sagen muss, gefüllt sind sie mir schon lieber.
Eine unserer Lieblingssardinen-Marken kommt aus Portugal, genauer gesagt aus Matosinhos, ca. zehn Kilometer nordwestlich von Porto am Atlantik gelegen. Denn in dieser Hafenstadt befindet sich die Fábrica de Conservas Pinhais, die Konservenfabrik Pinhais, die wir bei unserem letzten Porto-Trip besuchen durften.
Und nach diesem Besuch kann ich sagen: Eigentlich ist es eher eine Fisch-Manufaktur als eine Fabrik – aber seht selbst!
“Wir haben vor Kurzem eine Lieferung Sardinen erhalten, die gerade verarbeitet wird. Kommt, ich zeige Euch, wie wir das hier bei Pinhais machen.” sagt Nuno Rocha, der Vertriebsleiter und nimmt uns mit in die Conserveira.
Wunderschöne große dicke Sardinen liegen in Marmorbecken. Die Haut ist glänzend und unversehrt, am Bauch schimmert sie silbrig. Es riecht nicht nach Fisch, nur ein wenig nach Meer.
Ein Dutzend Damen allen Alters steht an den Marmorbecken und entfernt mit einer einzigen Handbewegung Kopf und Innereien.
Die ausgenommenen Sardinen landen in Plastikstiegen und werden von Hand zum nächsten Marmorbecken gebracht, wo die Sardinen auf Drahtgestelle gesteckt werden, auf denen sie dann später gegart werden. Diese Drahtgestelle werden einzeln! von Hand! von den Arbeiterinnen in ein kreisrundes Becken mit frischem Süßwasser getaucht, bevor sie auf Metallwagen gesteckt werden, die dann in die Garkammern gerollt werden. Ich fühle mich augenblicklich an einen Bienenstaat erinnert: die einzelnen Bewegungen und Abläufe wirken so harmonisch und orchestriert wie ein Ballett, es herrscht ein emsiges und reges Treiben und als Besucher sollte man besser aufpassen, diesen Arbeitsfluss nicht zu stören und sich einer der Damen in den Weg zu stellen!
Die portugiesischen Sardinen werden, anders als die Bretonischen, nicht vorher frittiert, sondern gleich 10 - 12 Minuten bei ca. 100 °C im Wasserdampf gegart, zu ca. 95 %. Die restlichen 5 % werden beim abschließenden Sterilisieren in der Dose gegart, aber dazu später mehr.
Besonders gut schmecken bei Pinhais meiner Meinung nach die pikanten Konserven, sowohl die mit Öl als auch die mit Tomate. Denn sie sind nicht einfach nur scharf, sondern so viel mehr … Und das liegt an den weiteren Zutaten, die zusammen mit dem Fisch und der Chili-Schote in die Dose kommen: Nelke, Pfeffer, Lorbeer, Gewürzgurke und Karotte. Auch all diese Zutaten werden von Hand zurechtgeschnitten und einzeln in die Dose gelegt.
Bei unserem Besuch trafen wir auf Madame Laurinda (im Foto rechts zu sehen), die zwei Tage nach unserem Besuch in Rente gehen würde. Sie hat seit 1969, d.h. unglaubliche 49 Jahre bei Pinhais gearbeitet und war auch nach all den Jahren mit Begeisterung am Werk.
Mise en place ist wichtig. So sieht ein vorbereiteter Arbeitstisch aus. Hier werden später die Metallgestelle mit den gegarten Sardinen abgestellt. Die Arbeiterinnen schneiden die Sardinen auf die perfekte Größe zurecht und legen sie in die Dosen.
Was wirklich auffällt bei Pinhais: das fast komplette Fehlen von Maschinen und Fließbändern. Lediglich das Öl wird maschinell in die Dosen gefüllt und auch das Verschließen der Dose mit dem Deckel übernimmt eine Maschine. Das Öl ist übrigens anders als bei bretonischen Sardinen kein kaltgepresstes Olivenöl allerbester Güte, sondern ein gutes, aber eher neutrales Olivenöl. Darauf angesprochen meinte Nuno, dies würde in Portugal so gemacht, um den Geschmack der Sardine in der Dose nicht durch zu kräftiges und dominantes Öl zu verfälschen. Es sei quasi eine andere Philosophie als bei den Franzosen. Sollten Sie also bei einer portugiesischen Sardine Lust auf gutes Öl zum Dippen haben, so machen Sie es einfach wie die Portugiesen: Gießen Sie das Öl aus der Dose weg, und geben Sie einfach einen ordentlichen Schuss bestes Olivenöl Ihrer Wahl zur Sardine …
Nach dem Verschließen der Dosen werden diese noch kurz im Wasserbad gereinigt und anschließend in Autoklaven, riesigen Druckbehältern zur Sterilisation, bei 110 °C für 60 Minuten sterilisiert. Durch die Sterilisation werden die Sardinen fertig gegart, außerdem werden die Dosen so haltbar gemacht und mögliche Keime zerstört.
Zu guter Letzt werden die fertigen Dosen, die bei Pinhais meistens nicht bedruckt sind, von Hand in Papier eingeschlagen. Fertig!
Uns hat wirklich beeindruckt, mit wieviel Sorgfalt und Liebe hier gearbeitet wird. Dass es wirklich Handarbeit ist. Und wie sauber es in der Conserveira war. Der Maître meinte, er würde hier ohne zu zögern vom Boden essen. Aber wir essen unsere Sardinen doch lieber aus der Dose! ;-)
Zum Abschluss hier noch ein paar weitere Impressionen:
Der portugiesische Lorbeer trocknet auf dem Dachboden und wird anschließend klein geschnitten. Natürlich von Hand.
Der Maître und Nuno:
Und über allem wacht die Maria an der Wand. Diese ist sehr wichtig, gerade für die älteren Arbeiterinnen. Die Glocke, die die Mittagspause und den Feierabend einläutet, ist auch nicht ganz unwichtig …
Und nun bleibt mir eigentlich nur zu sagen: An die Dose, fertig, los! Trinken Sie dazu einen schönen knackigen portugiesischen Weißwein, und Sie werden sich sofort an den Strand von Matosinhos versetzt fühlen …