Der (Wein)Himmel auf Erden liegt im Jura. Besuch bei Champ Divin
Der Crémant du Jura von Champ Divin ist, was Crémants betrifft, seit ungefähr 3 Jahren unangefochtener Team-Liebling. Daher war es nun wirklich an der Zeit, das Winzer-Ehepaar Valérie und Fabrice Closset endlich vor Ort zu besuchen.
Nachdem wir uns bei den Buxeuil Boys schon auf Schaumweine eingestimmt hatten, fuhren wir nach einem kurzen Abstecher nach Meursault in die hügelige Landschaft des Jura, genauer gesagt nach Gevingey, gelegen am Fuße des Premier Plateau du Jura und Sud-Revermont.
Valérie Closset empfing uns gut gelaunt und mit breitem Lächeln und führte uns sogleich in die heiligen Hallen des Weinkellers. Wobei Keller nicht das richtige Wort ist. Die Clossets haben kein altes bestehendes Domaine mit schönen alt-ehrwürdigen Gemäuern übernommen – sie haben 2008 sieben Hektar aufgekauft und sich ein neues Gebäude darauf gebaut, welches genau ihren Vorstellungen und Bedürfnissen entspricht.
Was auffällt: Obwohl wir uns durch sehr hohe, eher leere Lagerräume bewegen, hallen unsere Schritte nicht wider. Das liegt an dem besonderen Material, welches verbaut wurde: Lavagestein, das von der Konsistenz eher porös ist und dadurch allen Lärm schluckt. Außerdem regulieren diese Steine die Feuchtigkeit in den Hallen, isolieren aufs Beste und sind einfach zu säubern.
Die Clossets haben, bevor sie sich im Jura niederließen, einige Jahre in Afrika und dann in Frankreich als Berater für Winzer gearbeitet, die sich in der Konversionsphase zum Bio-Weinbau befanden. Und nun arbeiten sie selbst nach Demeter-Richtlinien. “Die Namen der Pestizide, die kann ich mir sowieso nicht merken.” sagt Valérie. Dafür aber die der diversen Kräutersude und Tinkturen, die sie im Weinberg verwenden, damit es den Pflanzen gut geht. Als schlimme Hagelstürme einen großen Teil der knospenden Reben zerstörte, erinnerte sie sich daran, was man beim Menschen zum Heilen von Verletzungen einsetzt: Calendula und Arnika. Sie behandelte die Rebstöcke damit, und siehe da, die Verletzungen verheilten und die Clossets hatten, anders als ihre Nachbarn, kaum Ernteausfälle.
Ihnen war und ist wichtig, dass sie die gesamte anfallende Arbeit auf dem Weingut selbst erledigen können, denn nur dann können sie all ihre Weinberge gut kennen. “Wir wollen alles selbst machen. Unser Steckenpferd sind die Weinberge und die Vinification. 7 Hektar sind auf menschlicher Ebene für 2 Personen machbar, sogar mit einer gewissen Gelassenheit.” Lediglich zum Zeitpunkt der Weinlese lassen sie sich von Freunden helfen, dann wächst die Mannschaft für die Dauer von zwei Wochen auf 10 Personen an.
Valérie führt uns durch die Räume und verbreitet solch eine positive Stimmung, so dass man sofort sieht, mit welcher Freude und Leidenschaft sie ihren Beruf ausübt.
“Ich, ich habe das Gedächtnis für Aromen, Gerüche und Atmosphäre … aber für den Rest? Nein!” Die Arbeitsteilung ist insofern recht klar: Fabrice, den wir leider an diesem Tag nicht sahen, ist für die ganze Technik im Weinkeller verantwortlich.
Valérie ist unglaublich humorvoll und unterhaltsam. Als sie uns ein bisschen etwas über die Weinherstellung erklärt, fügt sie lachend hinzu: “Man braucht einen Liter Wasser um einen Liter Wein zu machen. Und auch einen Liter Bier, im Kühlschrank. Belgisches Bier, was anderes geht nicht.” Valérie und Fabrice kommen ursprünglich aus Belgien, hatte ich das schon erwähnt?! …
Und dann zeigte sie uns den Raum, in dem die Vin Jaunes und Vin Voilés reifen. Auf diesen ganz speziellen Jura-Weinen, die geschmacklich an Sherry erinnern, bildet sich mit der Zeit ein Hefeschleier (franz. voile), unter dem der Wein unter Ausschluss von Sauerstoff reift. Die “normalen” vins tradition sous voile reifen 24 bis 36 Monate unter dem Hefeschleier, bevor sie in Flaschen abgefüllt werden.
Der Vin Jaune hingegen kommt auf sage und schreibe knapp 7 Jahre Reifezeit in der Barrique. Auf jeder Barrique ist übrigens vermerkt, welcher Wein wann wie lange in ihr gereift hat, denn all dies ist wichtig für das Aroma, das der Wein letzten Endes haben wird. “Jede Barrique hat ein anderes Leben als ihre Nachbar-Barrique, das ist nun mal so.” sagt Valérie.
Damit sich der Hefeschleier bildet, sind übrigens ganz besondere klimatische Gegebenheiten vonnöten. Im Winter muss es im Raum, in dem die Fässer lagern, sehr kalt sein, teilweise sogar frieren. Im Sommer hingegen muss es sehr sehr heiss sein. Diese Temperaturschwankungen hatte man früher zufällig, als man die Weinfässer im Dachboden über den Kuhställen lagerte.
Heute ist der Raum für die “vins de voile” weniger isoliert als die anderen im Gebäude, es gibt Ventilationsluken, durch die stets ein Luftaustausch mit der Außenluft stattfindet, so dass es dort je nach Saison sehr heiß oder sehr kalt ist. Diesen Hefeschleier kann man nicht künstlich ansetzen, das macht lediglich die Natur und der Zufall. Valérie sagt dazu: “Hier ist es ein bisschen wie im Casino. Man pokert.”
Der vin jaune wird übrigens in die typisch bauchigen Jura-Flaschen abgefüllt, allerdings haben diese dann ein Fassungsvermögen von 0,62 Liter. Das soll daran erinnern, dass in den knapp 7 Jahren Reifezeit 38 % des Weines verdunsten – 1 Liter Wein abzüglich 38 % ergibt 0,62 l. Auch das ist u.a. ein Grund, warum der vin jaune relativ kostspielig ist.
Selbstverständlich ist Valérie ein Fan des Savagnin, dieser sehr besonderen Jura-Rebsorte. Was sie am Savagnin schätzt, ist seine Vielseitigkeit, gepaart mit dem unverwechselbaren Charakter. “Der Savagnin ist wie eine Schaufensterpuppe. Man kann ihn anziehen, wie man will: Mal im Bikini, mal im schicken Kostüm. Aber er selbst, sein Skelett, seine Struktur, die erkennt man immer.”
Zum Crémant du Jura, dem Wein, der uns ja schließlich zum Domaine du Champ Divin gebracht hat, sagt sie: “Ich wollte anfänglich gar keine Crémants produzieren. Ich habe nicht daran geglaubt, dass man seine Seele in “bulles” (=Schaumweine) stecken kann.” Zum Glück für uns alle hat sie sich damals FÜR den Crémant entschieden und sich und uns bewiesen, dass Crémant sehr wohl eine Seele haben kann!
Abschließend wollten wir noch wissen, warum es im Jura im Verhältnis zum Rest Frankreichs außerordentlich viele Bio-Winzer gibt. Valérie sagt, das sei irgendwie natürlich und selbstverständlich, denn: “Was die Arbeit im Weinberg betrifft, die wurde im Jura nie vergessen.” Und das ist es schließlich auch, was die Bio-Winzer von den konventionellen abhebt: Soviel Arbeit wie möglich präventiv und auf natürliche Weise erledigen, damit man später nicht künstlich dagegen steuern oder korrigieren muss.